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Wir haben eine Waffe gegen Corona – aber wir nutzen sie nicht


Der Lockdown ist wirksam. Aber furchtbar schlicht. Millionen Deutsche sind davon betroffen. Obwohl sie gar nicht krank sind. Oder infektiös. Aber sie müssen zu Hause bleiben, ihre Jobs sind gefährdet, unsere Wirtschaft stürzt in die nächste Krise, Künstler und Restaurants gehen pleite. Die Maßnahmen greifen tief in unsere bürgerlichen Freiheiten ein. Dabei sind wir im Besitz einer viel wirksameren und intelligenteren Waffe gegen die Pandemie. Aber wir nutzen sie nicht: Die schnelle und kluge Auswertung von Daten.

Unsere Daten über allem

Wir haben uns gegen die Auswertung von Handy-Daten entschieden. Ganz bewusst. Wir stellen die Sicherheit unserer Daten über alles andere. Eher sind wir bereit, all die desaströsen Nebenwirkungen des Lockdown in Kauf zu nehmen. So lange unsere Daten sicher sind. Dafür schreiben wir lieber Namen und Adressen auf Zettel in Restaurants, welche anschließend in irgendeiner Schublade landen. Oder wir installieren eine wirkungslose App.

Die Behörden wissen in 75 Prozent aller Fälle nicht, wo die Infektionen stattgefunden haben. Sie sind blind. Deshalb muss der brutale Lockdown-Hammer herausgeholt werden, um die Lage irgendwie in den Griff zu bekommen. Wahrscheinlich nicht zum letzten Mal.

Her mit der zielgeführten Analyse!

In Deutschland gilt eine einfache Gleichung: Daten = Überwachung. Schluss damit! Wir müssen neu denken. Daten-Analyse ist ein mächtiges Instrument zur Problemlösung. Nicht nur im Fall von Corona. Auch beim Thema Klima, Gesundheit und globaler Ernährung.

In Taiwan wurde seit 200 Tagen keine einzige Infektion weitergegeben. Südkorea mit seinen 50 Millionen Einwohnern hat nicht mehr als 250 neue Infektionen pro Tag. Dort wird moderne Technik zur Datenverfolgung eingesetzt. Vielleicht nicht so, wie wir das machen würden. Aber erfolgreich. In Taiwan sind 350.000 Menschen in Quarantäne und garantieren damit 23 Millionen Mitbürgern ein normales Leben.

Zielführende Datenanalyse ohne Überwachung. Das ist die Aufgabenstellung für Deutschland. Das ist kompliziert. Klar. Bei uns gibt es aber genug kluge Experten und Politiker, die das lösen können. Lösen müssen. Denn wenn wir nicht anfangen, Daten als mächtiges und kluges Werkzeug zu verstehen, werden wir auch in Zukunft auf dumme Lösungen wie den Lockdown angewiesen sein.

Niemand wählt Kandidaten, die heulen statt zu handeln

Käptn Klare Kante verspielt gerade seine große Chance

Es muss schon einiges passieren, damit die CDU vor der Bundestagswahl noch baden geht. Zum Beispiel Friedrich Merz. Drei Dinge hat der Sauerländer trotz seiner langen Bedenkzeit außerhalb der Politik immer noch nicht verstanden:

  1. Niemand wählt Kandidaten, die sich beschweren.
  2. Niemand wählt Kandidaten, die sich nicht durchsetzen.
  3. Niemand wählt Kandidaten, die heulen statt zu handeln.

Es mag ja sein, dass Merz recht hat. Wahrscheinlich gibt es in der CDU eine starke Strömung, die ihn unbedingt verhindern will. Trotzdem ist es eine schlechte Idee, sich vor die Kameras zu stellen und zu lamentieren. Stattdessen sollte er einfach besser und klüger sein als die anderen. Das erwarte ich von einem Kanzlerkandidaten.

Durchsetzungskraft sieht anders aus

Es kann auch sein, dass unter der Federführung von Laschet der CDU-Parteitag so weit wie möglich ins nächste Jahr verlegt wurde, um Merz zu schaden. Aber statt sich über das „Establishment“ zu beklagen und damit seiner eigenen Partei zu schaden, wäre es besser gewesen, sich mit seinem eigenen Plan durchzusetzen.

Merz hat viele Anhänger in der CDU und auch bei den Wählern. Sie wünschen sich die alte Union – und manchmal auch das alte Deutschland zurück. Männlicher. Konservativer. Unkomplizierter. Das ist das Einfallstor für Friedrich März. Doch statt durch diese sperrangelweit offene Tür zu gehen, präsentiert er sich als nicht erwünschter Außenseiter in den eigenen Reihen.

Merz-Fans verteidigen ihren Hoffnungsträger trotzdem. Endlich mal klare Wort, argumentieren sie. Aber was Merz mit diesen klaren Worten eigentlich erreichen? Das weiß er wahrscheinlich selber nicht.

Aus der Riege der Kandidaten geredet

Die CDU hat einen Lauf. Sie wirkt in der Corona-Krise wie ein Fels. Auch, weil die Konkurrenz mit sich selbst beschäftigt ist. Die Grünen haben ihr Klima-Thema verloren, für die SPD interessiert sich niemand, die FDP ist unsichtbar. Die schrille Lautstärke der radikalen Ränder ist virusbedingt gedämpft.

Jetzt braucht es eigentlich nur noch Ruhe, einen würdigen Abschied von Angela Merkel und einen besonnenen CDU-Parteichef, der das Momentum mitnimmt, um im nächsten Herbst Kanzler zu werden. Friedrich Merz ist diesem schlichten Anforderungsprofil nicht gerecht geworden.

Warum die Maske ein Symbol unserer Freiheit ist

Es geht gerade eine gefährliche Erzählung um, die geht ungefähr so: Die Bundesregierung nutze die Zeit der Pandemie, um unsere Demokratie auszuhöhlen. Grundrechte wie das Versammlungsrecht würden beschnitten. Die Maske sei Ausdruck unserer Unfreiheit, Maskenträger seien Schafe, die blind den Mächtigen hinterher trotten.

Hier zwei Vertreter dieser Denkrichtung:

“Die Maske muss der Maske wegen getragen werden. Als Symbol für Gehorsam den Maßnahmen der Regierung gegenüber.”
(Stefan Aust, Herausgeber WeltN24)

“Ein Regieren mit Notstandsverordnungen (hat) die Tür zum autoritären Durchregieren geöffnet.”
(Podcaster Gabor Steingart)

Mir ist nach solchen Sprüchen ein bisschen übel. Denn die Maske ist nicht das Zeichen der Unterdrückung, sondern ein Zeichen der Freiheit. Die meisten Deutschen beweisen jeden Tag mit einem Stück Stoff, dass sie gewillt sind, der Vernunft zu folgen.

Ja, auch Maskenträger sind kritisch, auch sie machen sich Sorgen. Sie wollen keine überzogenen oder sinnlose Maßnahmen. Ihnen gefällt es nicht, dass ihre Kinder in der Schule Masken tragen müssen. Aber sie machen keinen künstlichen Gegensatz zwischen Freiheit und Gesundheit auf, nur weil das so klug klingt.

Die meisten Deutschen halten sich an den kleinsten gemeinsamen Nenner: Wir haben uns als Gesellschaft dafür entschieden, gemeinsam das Virus zu bekämpfen. Wir sind solidarisch. Klar, dass es zu einzelnen Regeln unterschiedliche Meinungen gibt. Darüber wird ausgiebig diskutiert. Im Internet, Talkshows und am Küchentisch. Wir streiten, aber wir halten uns an Vereinbarungen.

Zur menschlichen Vernunft gehört es, die persönliche Freiheit aus eigenem Willen in einigen Aspekten zu beschränken, wenn es einem höheren Ziel dient. Das ist höchster Ausdruck staatsbürgerlicher Verantwortung, des Vertrauens in die Demokratie und gelebter Moral. Millionen Menschen in Deutschland sind dieser Verantwortung gerecht geworden.

Natürlich sorgen sich die Deutschen um ihre Freiheit. Aber die große Mehrheit trägt diese Sorge nicht wie eine Monstranz vor sich her. Sie hat es nicht nötig, sich über Mitbürger zu erhöhen und sie als bewusstlose Mitläufer zu erniedrigen.

Die Deutschen tragen ihre Maske morgens beim Bäcker, in der S-Bahn, im Supermarkt – wenn es sein muss bald auch auf öffentlichen Plätzen. Und sie sagen damit: Wir sind bereit, das Richtige zu tun! Die Maske ist das Symbol unseres gemeinsamen Wunsches, die Menschen und unser Land zu schützen.

Auf diesen solidarischen Ausdruck von gelebter persönlicher Freiheit, diesem Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie können wir Deutsche stolz sein.

Warum Donald Trump unangreifbar geworden ist

Unzählige Enthüllungsbücher wurden über Donald Trumpgeschrieben. Mit ungeheuerlichen Details über Ehebruch, Pleiten und Dummheiten. Zuletzt wurde bekannt, dass er gefallene US-Soldaten als “Trottel” und “Verlierer” bezeichnet hatte.

Fast alle Medien sind sich einig: Donald Trump ist ein notorischer Lügner mit übersichtlichem Verstand, ein Frauenhasser, Fiesling und Egomane, der hin und wieder ziemlich pleite gewesen ist. Doch ganz gleich, wie oft diese niederschmetternden Einschätzungen wiederholt werden – Trump schüttelt alles ab.

Seine Anhänger bleiben bei der Stange. Sie lesen all diese Bücher und Artikel nicht. Weil sie glauben, dass die Enthüllungen nur Bestandteil eines Komplottes sind, das gegen ihren Liebling geschmiedet wurde.

Trump-Fans hassen Barack Obama. Sie hassen Washington, geschliffene Manieren, gedrechselte Politiker-Sprache, herausgeputzte Vorzeigefamilien und natürlich die Medien. Sie wollen einen Präsidenten, der ein bisschen so ist wie sie selbst.

Donald Trump hat sich außerhalb dessen positioniert, was wir “Politik” nennen. Das ist sein größter Trumpf. Dort sind auch seine Wähler, denen es völlig egal ist, welcher Politiker gegen ihren Liebling antritt. Für sie gibt es niemand, der in der Trump-Liga spielt.

Trump hat es außerdem geschafft, seine einzige Botschaft in den Köpfen zu platzieren: Ich mache Amerika wieder groß! Als ob Weltpolitik eine Sportart sei. Es geht um das Gewinnen. Sieger sein! Das ist einfach zu verstehen und sehr amerikanisch. 

Trump wurde immer stärker

Trumps Konkurrent Joe Biden hat es schwer. Es ist fast aussichtslos, die Trump-Wähler für ein Amerikazurückzugewinnen, in dem alles kompliziert, ausgewogen und mit Kompromissen behaftet ist. Biden kann nur darauf setzen, dass er genug Amerikaner an die Wahlurne bekommt, weil sie genug von Trump haben.

Einen Fehler sollte Joe Biden auf jeden Fall vermeiden: Er darf keine Kraft damit verschwenden, sich an seinem irrlichternden Konkurrenten abzuarbeiten. Denn Trump haben die Wucht der Angriffe, all die Verachtung und Kritik, die ihm seit Jahren entgegenschlagen, immer stärker gemacht. Er ist inzwischen unangreifbar.

Warum geht niemand gegen Putin auf die Straße?

Hallo! Es gab einen Mordanschlag auf einen russischen Oppositionspolitiker! Was ist eigentlich los? Wirklich nur Schweigen? Keine Aufregung oder Empörung? Die Sachlage ist eindeutig. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sie sehr deutlich und klar auf den Punkt gebracht:

  • Das Gift, mit dem der russische Oppositionspolitker Aleksej Nawalnyi umgebracht werden sollte, lässt sich zweifelsfrei nachweisen.
  • Nawalny war “Opfer eines Verbrechens”.
  • “Er sollte zum Schweigen gebracht werden.”

Kanzlerin lässt keine Zweifel

Auch in der Frage der Täterschaft ließ die Kanzlerin keine Frage offen: Sie forderte die russische Regierung auf, sich zu diesem Vorgang zu erklären, es stellten sich “schwerwiegende Fragen, die nur die russische Regierung beantworten kann und muss”.

Auch der Giftstoff ist identifiziert. Nawalny ist mit einem Nervengift, das zur Nowitschok-Gruppe gehört, vergiftet worden. Diese Sorte Gift kennen wir aus anderen Fällen von Mordanschlägen auf russische Oppositionelle. Vor ihrem Tod erleiden die Opfer übrigens unvorstellbare Schmerzen.

Von Wladimir Putin geht geheimnisvolle Macht aus

Nach den Verbrechen auf der Krim, den Vorgängen in Weißrussland oder Syrien, dem Mord im Berliner Tiergarten und dem Anschlag auf Nawalny sollte man eigentlich meinen, dass die Öffentlichkeit irgendwann reagieren würde. Nichts. Schweigen. Nicht einmal die professionell Aufgeregten kommen im Fall Russlands ihrem Job nach.

Spätestens jetzt ist es an der Zeit, gegen Putin auf die Straße zu gehen. Meinetwegen für die russische Bevölkerung. Aber niemand scheint sich dafür zu interessieren. Im Gegenteil. Von Putin geht offenbar eine geheimnisvolle Macht und Faszination aus.

Für alles gehen wir auf die Straße …

Er gilt trotz aller Verbrechen als stark, schlau und geradezu als Vorbild. Auch viele Deutsche lassen sich von diesem starken Mann mitreißen. Starke Männer sind in Deutschland offenbar immer noch sehr beliebt.

Für alles gehen wir auf die Straße. Nichts gegen Hopi-Indianer, Gender-Politik, Fahrrad-Sternfahrten für verkehrsberuhigte Innenstädte. Aber jetzt wird es Zeit, dass wir öffentlich zeigen, was wir von Putins verbrecherischer Politik halten.

Dieser Text wurde als erstes von stern.de veröffentlicht.

Erklären Sie uns ihren Corona-Plan, Frau Merkel!

Wissen Sie, wie viele Menschen in Deutschland wegen Corona auf der Intensivstation liegen? Wissen Sie, wie viele von ihnen beatmetet werden? Ich verrate es Ihnen: Am 26. August, um 12.15 Uhr, befanden sich in Deutschland 228 Menschen in intensivmedizinischer Behandlung wegen Covid-19. 133 von ihnen wurden beatmet.

Warum kommen diese Zahlen so selten in der Berichterstattung über das Virus vor?

Ich erinnere mich doch richtig, oder? Alle Maßnahmen, die das verfluchte Virus in Deutschland im Zaum halten sollten, hatten das Ziel, unsere Krankenhäuser und das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen. Es sollten in jedem Fall genug Intensivbetten für alle Erkrankten vorhanden sein. Das war der Grund für alle Beschränkungen und schließlich für den Lockdown.

Denn bei einer exponentiellen Ausbreitung des Virus hätten nicht alle Erkrankten behandelt werden können. Mehr Todesopfer wären die Folge gewesen.

Trotz aller Maßnahmen war oft von einer drohenden “Triage” die Rede. Also dem Fall, dass Ärzte auswählen müssen, welche Patienten eine lebensrettende Behandlung erhalten und welche nicht – und so ungewollt Herr über Leben und Tod werden. Wegen fehlender Intensivbetten. In Deutschland hat es das bis heute nicht gegeben.

Was ist das Ziel der Corona-Politik?

Rückkehrer aus dem Urlaub und Lockerungen im öffentlichen Leben sollen jetzt dafür verantwortlich sein, dass die Zahl der Infizierten wieder ansteigt in Deutschland. Sofort ist wieder von strengeren Maßnahmen die Rede.

Wenn die wirklich kommen sollten, muss die Politik anders reagieren als am Anfang der Krise. Damals waren viele Menschen schnell bereit, sich an alle Regeln zu halten, um die weitere Ausbreitung zu vermeiden. Aus Angst. Aus Solidarität. Die Überlastung der Krankenhäuser hatten wir durch die Bilder aus New York und Norditalien vor Augen.

Doch diese Bereitschaft hat deutlich abgenommen. Jetzt wollen die Deutschen ganz genau wissen, warum Kinder nur mit Maske in die Schule dürfen, Büros immer noch leer sein müssen und die Wirtschaft der schlimmsten Rezession seit dem Krieg entgegentaumelt .

Ein essentieller Schritt ist es, den Deutschen zu erklären, welche Zahlen Grundlage für die Entscheidungen der Politik sind:

Was ist der Maßstab für das Handeln unserer Politik? Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel muss jetzt ganz genau erklären, wie und warum Deutschland reagieren will. Mit allen relevanten Zahlen und bis in alle Einzelheiten. Die alten Rezepte aus dem Frühjahr müssen durch neue Ideen ersetzt werden. Sonst laufen wir Gefahr, dass sich niemand mehr an die Maßnahmen der Politik halten wird – und das Virus am Ende doch noch siegt.

Scheitern ist in Berlin Dauerzustand

Die Sommerferien sind zu Ende. Die Berliner kehren in ihre Stadt zurück. Es ist alles beim Alten. Fast noch schlimmer.

Mit Berlin ist es so ähnlich wie mit dem HSV. Als Berlin-Fan verliert man selbst nach den schlimmsten Enttäuschungen nie die Hoffnung, dass es irgendwann besser werden wird. Doch dann kamen diese drei Nachrichten-Nackenschläge direkt nach den Sommerferien:

1. Mietendeckel scheitert

Eigentlich sollte der Mietendeckel die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt entspannen. Die rasant steigenden Mieten sollten gebremst, das Angebot an bezahlbaren Wohnungen vergrößert werden. Doch offenbar verschärft das gut gemeinte Gesetz der rot-rot-grünen Landesregierung die Lage noch.   

Eine Analyse zeigt, dass innerhalb eines Jahres 25 Prozent weniger Mietwohnungen angeboten wurden. Besonders stark ging es bei Wohnungen zurück, bei denen der Mietendeckel greift. Gleichzeitig wollen viele Eigentümer ihre Wohnungen loswerden. Sie fürchten niedrigere Mieteinnahmen. Die Preise für Eigentumswohnungen steigen trotzdem im Eiltempo weiter.

Die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, die das Gesetz zu verantworten hat, ist übrigens nicht mehr im Amt. Karin Lompscher (Linke) musste vor ein paar Wochen wegen falsch abgerechneter Bezüge zurücktreten.

2. Digitale Schule scheitert

Eigentlich waren sich alle einig. In der Koalitionsvereinbarung hatte die Landesregierung vor vier Jahren vollmundig eine Infrastruktur der Schulen mit schnellen Breitbandanschlüssen und noch mehr digitale Wohltaten angekündigt.

Jetzt stellt sich heraus, dass der Auftrag zur Breitbandversorgung der Schulen vom Senat nicht nicht einmal vergeben wurde. Noch! Nicht Vergeben!

Corona hat gezeigt, wie wichtig digitale Schule für die Zukunftsfähigkeit eines Landes ist. Schulen und Schüler in Berlin sind abgehängt. Berlin bleibt dumm.

3. Corona-Tests scheitern

Nach einem tätlichen Angriff auf Mitarbeiter wurde die Corona-Teststelle am Flughafen Tegel am vergangenen Freitagabend vorzeitig geschlossen. Eigentlich müssen Urlauber, die aus Spanien zurückkehren, getestet werden. Das Land gilt als Risikogebieten.

In Berlin blieben Hunderte Rückkehrer ungetestet. Offenbar nicht nur am Freitagabend. Es gibt zahlreiche Berichte von Spanienrückkehrern, die in Tegel nicht getestet wurden, weil ihre Maschinen nach 21 Uhr gelandet waren. Offenbar nach Dienstschluss der Tester. Immerhin wurden die Koffer ausgeliefert.

Der Mann, der für all diese Vorgänge und auch das Scheitern auf der Großbaustelle des neuen Berliner Flughafens mitverantwortlich ist, heißt Michael Müller (SPD) und ist Regierender Bürgermeister von Berlin. Auch von ihm gibt es Neuigkeiten. Herr Müller will 2021 in den Bundestag einziehen – und er träumt von einem ganz bestimmten Amt: Bauminister.

Dieser Artikel wurde zuerst auf Stern.de veröffentlicht.

Keine Pointe!

Tweet

Mir macht es immer noch Spaß. Nach zwölf Jahren auf Twitter stürze ich mich gerne in Diskussionen und ins rhetorische Getümmel. Es gibt eigentlich nichts, was mich noch erschüttern kann. Wenn da nicht die folgenden zehn Sprüche wären, die mich bereits mein ganzes Twitter-Leben verfolgen. Ein Countdown des Schreckens:

10. “Keine Pointe”

Schade! Dann aber bitte einfach schweigen. Denn ich liebe kluge Gedanken und Pointen.

9. “Merkste selber, oder?”

Nö. Eigentlich nicht. Ich vertrete lediglich eine andere Position und wollte argumentieren. Doch du hast dich entschieden, stattdessen diesen Spruch raus zu hauen – und bist damit leider selber raus.

8. “Ist da Näheres bekannt?”

Ja. Ist es. Aber du interessierst dich offenbar nicht dafür. Sonst hättest du einfach selber mal nachgeschaut. Im Internet zum Beispiel. Und deshalb gibt es hier für dich nichts zu sehen. Bitte weitergehen.

7. “Genau mein Humor”

Meiner nicht. Man sollte eine Spur vorsichtiger auf scheinbare Widersprüchlichkeiten hinweisen. Denn meistens sind die Dinge gar nicht so einfach, wie sie erscheinen.

6. “Ich frage für einen Freund”

Ja. Meinetwegen. Aber warum fragt dein Freund nicht einfach selber? Ist er zu schüchtern? Lass doch bitte deinen imaginären Freund aus dem Spiel. Alle werden es dir danken.

5. “Mimimi”

Ja, klar. Das kann man immer bringen, wenn einem nichts mehr einfällt. Doch die vermeintlich entdeckte Weinerlichkeit fällt auf den Absender zurück. Er hat nichts zu sagen, will aber trotzdem gerne gehört werden und außerdem noch als besonders originell gelten. Klappt nur leider nicht.

4. “Wir müssen reden”

Nein. Müssen wir nicht. Denn Deine Meinung steht ja schon fest. Oder? Da kann man offenbar nichts machen. Tschüss!

3. “Just saying”

Passt exakt, wenn das Offensichtliche noch nicht ganz so offensichtlich ist, dass man nicht nochmal ganz kurz darauf hinweisen könnte. Dafür gibt es leider keinen Keks. Nicht mal einen ganz kleinen. Tut mir leid.

2. “Word!”

Du schließt Dich einfach Deinem Vorredner an? Du willst Dir nicht die Mühe machen, selber einen originellen Gedanken zu fassen und zu präsentieren? Du willst aber trotzdem irgendetwas sagen? Dann ist “Word!” genau die richtige Phrase für Dich.

1. “(A)soziale Netzwerke”

Gnade! Wahrscheinlich soll das feinsinnig oder ganz besonders geistreich sein. Oft gebraucht von Leuten, die noch nie Twitter oder Facebook genutzt haben, und trotzdem am besten wissen, wie es dort zugeht. Millionenfach gedruckt, ausgesprochen und publiziert. Es reicht. Aufhören! Keine Pointe …

 

Der Kolumne erschien zuerst bei stern.de

Foto: Elkekarin

Abschied von einem Leben. Der Laden an der Ecke hat geschlossen

Seit drei Jahren unternehme ich jeden Morgen eine Reise in meine Kindheit. Als es noch eine existenzielle Entscheidung war, ob man mit einem Füller von Pelikan (blau) oder Geha (grün) schreiben lernte. Als jeden Freitagabend “Der Kommissar” im ZDF lief. In Schwarz-weiß. Und am Donnerstag Wim Thoelke mit Wum und Wendelin.

Denn jeden Morgen gehe ich an einem kleinen Laden vorbei. Er liegt, wie es sich für einen Schreibwarenladen gehört, an der Straßenecke gegenüber einer Schule. Seit den frühen 70er-Jahren. Unverändert. Wie aus der Zeit gefallen. Jeden Tag begrüßte mich vor der Tür ein Aufsteller mit der aktuellen Schlagzeile des Tages. Aber jetzt ist Schluss damit.

Nach fast 50 Jahren schließt ein Geschäft

Nachbarn erzählen, die Ladeninhaberin fühle sich nicht mehr gesund genug, um einen Laden zu führen. Das Wort Alzheimer macht die Runde. Seit Anfang Juli baut sie ihre Verkaufsregale ab, sortiert die übrig gebliebenen Waren. Ablagekörbchen aus Plastik stapeln sich, leere Aktenordner und Klarsichthüllen liegen auf den Fensterbänken. An der Tür klebt ein Schild: “Ab 30. Juni 2020 ist der Laden wegen Geschäftsaufgabe geschlossen.” Nach fast 50 Jahren.

Vor ein paar Tagen regnete es heftig. Die Ladeninhaberin winkte mich hinein. Sie sagte, sie hätte noch irgendwo ein Einhorn für meine kleine Tochter und begann zu suchen. Draußen goss es in Strömen. Drinnen roch es nach Abschied und Staub. Sie konnte das Einhorn nicht finden. Leises Kopfschütteln über sich selbst. Dafür hatte sie irgendwo im Gewühl der Geschäftsauflösung einen Zauberstab aufgetrieben, den sie uns schließlich übergab.

Keine Trauer zum Abschied

Bald soll ein Büro in ihren Laden einziehen, erzählte sie. Rechtsanwälte. Oder Steuerberater. Jedenfalls kein neues Geschäft. Wo sollen die Schüler jetzt in der Pause ihre Süßigkeiten einkaufen? Kein Wort der Trauer kam über die Lippen der Ladenbesitzerin. Keine erkennbare Melancholie, kein Zittern in der Stimme.

Nach fast 50 Jahren nimmt sie Abschied, packt ihre Sachen zusammen, übergibt ihr altes Leben besenrein. Nicht wegen der Pandemie oder anderer wirtschaftlicher Widrigkeiten. Sie macht Schluss. Aus eigenem Antrieb. Weil es zu Ende ist. Und weil jetzt etwas anderes beginnt.

Ist Europa zu kompliziert? Einfach und langweilig können andere besser

Europa

Jaja. Natürlich wissen wir alle, dass Europa irgendwie wichtig ist. Gleichzeitig löst Europa bei uns schlechte Laune aus. Zu kompliziert. Zu viel Geld fließt von irgendwoher nach irgendwohin. Zu viel Bürokratie. 27 Länder, die sich nie einigen können, sondern am Ende immer nur fadenscheinige Kompromisse machen. Das ist unser Grundgefühl.

Jetzt gibt es die sogenannten “Sparsamen”. Das sind Länder, deren Bewohner oft eine Menge Geld auf der hohen Kante haben und Arbeitnehmer, noch bevor sie  60 Jahre alt sind, in Rente gehen. Seltsam.

Europa – von Zahlmeistern und Jammerlappen

Dann gibt es die Zahlmeister. Deutschland zum Beispiel. Hierzulande hat man das Gefühl, dass wir immer nur die Rechnung begleichen. Wenn es mal einen Notfall gibt  – wie zum Beispiel die Flüchtlingswelle – stehen wir alleine da.

Und dann gibt es noch die Jammerlappen, die immer nur Geld von den anderen haben wollen. Als Kredit? Nein, bitte nicht. Als Spende. Wer denkt denn an Rückzahlung? Diese Länder sitzen jetzt schon auf einem Schuldenberg, der zu hoch ist, um ihn jemals abzutragen.

Brüssel? Straßburg? Wer kann das auseinanderhalten? Wenn man im Café jemanden fragt, was in diesen Städten politisch entschieden wird, gibt es nur sehr selten eine richtige Antwort. Dass die Europa-Abgeordneten sehr viel Geld verdienen und umsonst in der Gegend herumfliegen, weiß dagegen jeder. Falls bald wieder geflogen wird…

Das 20. Jahrhundert war eines der blutigsten Jahrhunderte der Geschichte. Dass es nach diunder unserer Gegenwart.

Unser Europa: Versöhnung und Freizügigkeit

Deutsche Soldaten haben ganze Ortschaften in Italien oder Frankreich dem Boden gleich gemacht, Bewohner massakriert. Heute fahren wir ganz entspannt mit dem Auto durch diese Gegenden und trinken einen Cappuccino oder Café au Lait.

Das ist unser Europa: Versöhnung, Frieden, Freizügigkeit, Wertschätzung der Nachbarn. Wir schwärmen von Slowenien oder Kroatien. Wir haben gelernt von der französischen Lebenskunst, der italienischen Leichtigkeit und dem digitalen Fortschrittstempo in Estland.

Warum gelingt es nicht, diese Zuneigung in eine unkomplizierte politische Realität zu verwandeln? Vielleicht weil wir nicht unkompliziert sind!

Wir sind anspruchsvoll, leben unsere in Jahrhunderten entwickelten Kulturen. Wir wissen, was wir vom Leben wollen, wie ein Brot schmecken muss, wie Liebe gelebt wird. In 27 unterschiedlichen Ausformungen. Deshalb kann europäische Politik nicht unkompliziert sein. Sie ist der Spiegel unserer historisch gewachsenen, nationalen Kulturtechniken.

Mehr Verständnis für die, die Politik machen

Uns bleibt also nur, mehr Verständnis für die Politikmacherinnen und Politikmacher in Straßburg und Brüssel zu haben. Vielleicht auch etwas mehr Interesse an ihrer Arbeit. Und wir sollten uns daran erinnern, dass sie die vielleicht kompliziertesten Nationalstaaten der Welt mit all ihren Eigenheiten repräsentieren.

Einfach ist oft stromlinienförmig, dumm und langweilig. Das können andere viel besser als wir Europäer.

 

Dieser Text erschien zuerst auf stern.de, Foto:  _TC Photogr