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Alles wird schneller, kleiner, smarter – nur in Deutschland nicht

Das „Atomium“ in Brüssel besteht aus neun Atomen – und ist völlig ungefährlich. 

Elektroautos sind nichts für mich. Noch nicht. Ich habe keine Lust, mir auf der Strecke von Berlin nach Hamburg Sorgen zu machen, ob ich ohne Stopp ankomme. Sobald ich mit einer Ladung unangestrengt 650 Kilometer schaffe, kommen wir ins Geschäft. Das könnte schon bald passieren. Denn der größte Akkuhersteller der Welt (CATL) optimiert seine Produkte und will damit Elektroautos bereits ab dem kommenden Jahr zu fantastischen Leistungen verhelfen.

Neue Computerchips sind kleiner und leistungsfähiger, meine Musiksoftware setzt der Kreativität keinerlei Grenzen mehr. Künstliche Intelligenz kann in der Landwirtschaft Missernten verhindern und spielt eine wachsende Rolle in der Krebsdiagnostik und im OP-Saal. Schneller, kleiner, smarter. Das ist die natürliche Entwicklung der Technik im vergangenen Jahrhundert.

Keine Zukunft für Atomtechnologie

Doch in einem Bereich wird Deutschland garantiert nicht in den Genuss neuster Technologie kommen. Das ist besonders schade, weil es sich um den Energiebereich handelt, der uns gerade so viele Sorgen macht. Wie die Zukunft der Atomtechnologie aussieht, wird derzeit in China und den USA erforscht. In Deutschland hat man sich davon verabschiedet. Mit Argumenten, die sich auf eine 50 Jahre alte Technologie beziehen. Aber auch Atomkraftwerke werden in Zukunft besser, schlauer, sauberer sein. Nur nicht bei uns in Deutschland.

Technologie wird in Deutschland ähnlich kritisch beäugt wie ein gut sitzender Anzug. Beides ist höchst verdächtig. Unter dem Motto: Eigentlich braucht das niemand. Ein modischer Mann? Kann nur oberflächlich sein. Vernetzung? Ist Kontrolle. Internet? Hassmaschine! Und überhaupt – wo bleibt denn der Datenschutz? Eine Frage, die hartnäckig gestellt wird, bereits Jahre bevor die Gefahr besteht, dass irgendwann irgendwelche Daten fließen könnten.

Innovation geht nicht vom Finanzamt Gelsenkirchen aus

Ein schillernder Mann wie Elon Musk hat bei vielen Deutschen schlechte Karten. Musk ist Technik-Freak, märchenhaft reich, schrill und macht, was er will. Das kommt nicht gut an. Dabei leben wir noch heute sehr gut von den technischen Innovationen, die sich deutsche Nonkonformisten im ausgehendem 19. Jahrhundert ausgedacht haben. Innovation wird nicht vom Finanzamt Gelsenkirchen Süd ausgehen. Unser Wirtschaftsministerium setzt in seiner aktuellen Anzeigenkampagne lieber auf kleines Karo: „Liebe 80 Millionen“, heißt es – und damit sind wir alle gemeint, „Duschkopf wechseln, Eisfach auftauen, Wäsche bei 30 Grad waschen.“

So kleinkariert begegnet Deutschland der drohende Energieknappheit. Duschköpfe. Der Pandemie begegnen wir im kommenden Winter sehr wahrscheinlich mit dem Instrumentarium, das wir bereits in den zwei vergangenen Wintern genießen durften. Kontaktbeschränkungen, Masken, Lockdown. Obwohl die Evaluation der Maßnahmen aufgrund der fehlenden Daten, nur wenig über die Wirksamkeit der Maßnahmen in Erfahrung bringen konnte. Digitale Möglichkeiten werden nicht genutzt. Die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx, sagt: „Der Mangel an Digitalisierung ist nicht nur ein riesiger Nachteil, sondern er kann vermutlich Leben kosten.“

Deutschland und zeitgemäße Technik. Vielleicht zwingt uns die Not, unsere Einstellung zu ändern. Ansonsten wird es weitergehen in diesem endlosen, deutschen Trauerspiel.

Foto: Maria Firsova / Flickr

 

 

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